Herr Kandinsky war ein Maler (2): Eine Bildbetrachtungsstunde

Nachdem meine Zweitklässler:innen Wassily Kandinsky und seine besondere Art des Malens kennengelernt hatten, war es Ziel der nächsten Kunststunde, eines seiner Werke ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen. Deshalb hat uns die Identifikationsfigur „Herr Leopold“ einen Brief mit einem Forscherauftrag geschickt. „Herr Leopold“- selbst ein Maler und Kunstgelehrter – begleitet die Kinder seit der ersten Klasse und sendet ihnen in Form von Briefen oder Hörspielen Kunstaufgaben, die sie gemeinsam lösen müssen.

„Weiches Hart“ – was könnte das denn sein?

Dieses Mal hat Herr Leopold ein Kunstwerk mit dem sonderlichen Namen „Weiches Hart“ mitgebracht. Die Kinder hatten zu diesem Titel ganz unterschiedliche Vorstellungen und waren dann sehr überrascht, als das Bild doch ein bisschen anders aussah als sie gedacht hatten. Bei der Präsentation des Werkes habe ich mich für die Methode der entdeckenden Kunstbetrachtung entschieden, bei der Teile des Bildes erst nach und nach aufgedeckt werden. Bei Erstbegegnungen mit einem Kunstwerk dürfen die Kinder dann zuerst ihre spontanen Gedanken und Gefühle formulieren, bevor ich ihre Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Aspekte lenke.

Kunstdetektive auf Spurensuche: Ein Kunstwerk analysieren

Im weiteren Unterrichtsverlauf ist es unter anderem auch das Ziel, die Wahrnehmung der Schüler:innen beim Betrachten von Kunstwerken sowie die mündlichen Ausdrucksfähigkeiten beim Beschreiben der wahrgenommenen Details zu schulen. Deshalb haben wir nach der spontanen Aussprache damit begonnen die Farben des Werkes genauer zu analysieren. Mithilfe einer „Künstlerpalette“ durften die Kinder die Farben auswählen, die der Maler verwendet hat und am Kunstwerk zeigen, wo sie diese Farben entdecken können. Dabei versuche ich den Schüler:innen möglichst viel kunstspezifischen Fachwortschatz mit an die Hand zu geben und sie dazu anzuregen, diesen bei der Bildbeschreibung auch zu nutzen.

Anschließend untersuchten die Kinder die verwendeten Formen. Gerade bei dem Werk „Weiches Hart“ ist es sinnvoll, zuvor in Mathematik die geometrischen Formen zu behandeln und die entsprechenden Fachbegriffe zu wiederholen. Diese sind dann auch wichtig, um die Bildordnung des Werkes genau beschreiben zu können: Wie stehen die Formen miteinander in Beziehung? Was befindet sich im Vordergrund, was im Hintergrund?

Nun versuchten wir uns an einer Interpretation: Was möchte uns der Künstler mit dem Bild sagen? Warum hat er es „Weiches Hart“ genannt? Hier konnten die Kinder auch auf ihr Vorwissen über den Künstler, das sie anhand des Bilderbuchs „Herr Kandinsky war ein Maler“ in den vorherigen Unterrichtseinheiten gewonnen haben, zurückgreifen und dieses mit dem Bild in Beziehung setzen.

Und zum Schluss: Meine Meinung zu dem Kunstwerk

Abgerundet werden Bildbetrachtungsstunden schließlich mit einer erneuten Botschaft von unserem Kunstkenner „Herrn Leopold“. Dieser fragt die Schüler:innen nach ihrer Meinung zu dem Bild und fordert auch eine genaue Begründung ein. Interessant ist dabei immer wieder, dass den Kindern ganz unterschiedliche Details auffallen, die sie an dem Werk bemerkenswert – im positiven und auch im negativen Sinne – finden.

Im besten Falle haben die Kinder nach der Begegnung mit Kunstwerken viele kreative Ideen für eigene Kunstwerke sammeln können. Deshalb berichte ich in meinem nächsten Beitrag von Gestaltungsideen zu Kandinskys Werk „Weiches Hart“, die ich in verschiedenen Klassen umgesetzt habe.

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