„Suche dir eine*n Partner*in“ – Geschlechtersensibilität in der Grundschule – Teil 1


„Besprich dich mit deinem Partner!“
„Max arbeitet gut mit seinen Klassenkameraden zusammen.“
„Die Kinder der 3a besuchten gestern die Feuerwehrmänner auf der Feuerwache.“

Was ihr hier lest, sind ganz normale Beispiele aus unserem Alltag – Arbeitsaufträge, Zeugniskommentare, Aufgabenstellungen, Texte aus dem Jahresbericht. Nichts daran ist falsch, auf den ersten Blick auch nicht problematisch und doch sind es Sätze, die ich so nicht mehr verwenden würde.

Ich möchte hier keine Grundsatzdiskussion über Sinn und Unsinn von gendersensiblem Umgang in unserer Gesellschaft führen. Ich setze an dieser Stelle voraus, dass dir als Leser*in bewusst ist, wie viel Macht Sprache über unsere Gedanken, unser Handeln und letzten Endes auch über unsere Lebenseinstellung hat. Ich möchte Kinder begleiten und dabei unterstützen, zu mündigen, aufgeklärten und weltoffenen Menschen zu werden und dazu gehört für mich auch, sich all seiner Möglichkeiten, aber auch den vorherrschenden Ungerechtigkeiten bewusst zu sein.

Wie sieht nun aber eine Grundschulzeit aus, in der auf Sprache, Darstellungen und das Aufbrechen von Stereotypen geachtet wird?

Die Basis: Auswahl der Unterrichtsthemen

Die Grundlage bietet für mich ganz einfach die Auswahl unserer Themen und Beispiele, die wir für das Unterrichtsgeschehen heranziehen. Das fängt bei der Auswahl der Lehrwerke an. Wird hier ein diverses Bildmaterial verwendet? Werden moderne Familienbilder mit eingeflochten? Sind verschiedene Geschlechterrollen und auch nicht-stereotype Hobbys, Verhaltensweisen oder Aussagen zu finden. Am schönsten finde ich dabei, wenn es implizit miteinfließt und nicht unbedingt extra zum Thema gemacht wird. Denn wir empfinden als „normal“, was wir täglich sehen – und so entstehen in den Köpfen viel diversere Bilder als noch früher. Bei einem Ausflug wäre es schön, Feuerwehrmänner und -frauen zu treffen, oder vielleicht werden die Vorschulkinder von ihrem Erzieher begleitet. Natürlich können wir das nur bedingt beeinflussen, aber wir sollten uns zumindest dessen bewusst sein. (Und ohne Frage empfinde ich es tagtäglich als Herausforderung, als Grundschullehrerin so wenig Mischung im eigenen Berufsstand zu finden!)

Bewusstes Thematisieren

Neben der Basis, die uns an jedem Tag begleiten sollte, darf es aber durchaus auch ab und an Sternstunden geben, die sich bewusst mit den Themen der Geschlechterrollen auseinandersetzen. Nicht umsonst findet sich das in vielen Lehrplänen beispielsweise im Sachunterricht wieder.

Ein Beispiel für ein wundervolles Buch ist „Das Piratengeheimnis“ von Bärbel Haas. In der fantasievoll illustrierten Geschichte geht es um die Mäusepiratenbande rund um Kapitän Rudi, die mit ihrem neuen Piraten Bill in See stechen und große Abenteuer erleben. Bill rettet im Laufe des Buches die Bande durch einen gewaltlosen Trick vor dem gefährlichen Katzenhai und lüftet erst am Ende sein „Piratengeheimnis“ – Bill heißt eigentlich Bille und ist eine Piratin.

Diese harmlose, die Kinder durch Thema und Aufmachung aber sofort fesselnde Geschichte bietet einen hervorragenden Ankerpunkt, um über Geschlechterstereotypen, „typisch Jungs, typisch Mädchen“ und „Darf ich das eigentlich als Junge/ Mädchen?“-Fragen zu sprechen. Die Aussagen der Kinder überraschen mich immer wieder und können genutzt werden, wenn sich doch einmal wieder Sätze a la „Das ist aber eine Mädchenfarbe!“ einschleichen.

Inzwischen gibt es noch eine Reihe an weiteren, tollen Büchern, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, das hier vorgestellte soll nur exemplarisch dafür stehen, solche Stunden bewusst immer wieder einzustreuen.

In meinem nächsten Beitrag erzähle ich euch davon, wie ich im Unterricht versuche ein Sprachvorbild zu sein. Berichtet gerne von euren Erfahrungen dazu in den Kommentaren.

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