Eltern im Unterricht?

Ich bin eine Freundin davon, möglichst viel Transparenz zwischen Schule und Eltern offenzulegen. Immerhin bilden und erziehen wir den wichtigsten Schatz im Leben zweier Erwachsener – zumindest zeitweise. Für mich ist eine gelingende Elternarbeit ein gutes Standbein. Denn nur mit gegenseitigem Vertrauen kann ich gut arbeiten. „Meine“ Eltern wissen dies zu schätzen. Das verschafft mir für den Unterricht eine gute Grundlage. Denn als einzügige Schule kann ich Ausflüge etc. nur planen, wenn auch die Eltern bereit sind, sich als Begleitpersonen anzubieten. Erstaunlicherweise sind es in meiner Klasse nicht immer nur die üblichen Verdächtigen, die sich dafür Zeit freischaufeln. Ich bin sehr froh darüber, verschiedene Eltern einplanen zu dürfen. So war es nicht verwunderlich, dass sich etwa 50 % aus der Elternschaft beim letzten Elternabend bereit erklärten, den Sachunterricht  zu bereichern.

Eltern im Sachunterricht

Ich mag den Sachunterricht, auch wenn ich es fachfremd unterrichte und manchmal an der Planung zweifele. Die Themen sind so vielseitig und die Möglichkeiten zur Unterrichtsgestaltung mannigfaltig. Für das Thema Berufe wollte ich unbedingt Eltern dabei haben, die ihre Berufe handlungsorientiert vorstellen. Am Ende hatte ich so viele Angebote, dass ich daraus sogar zwei Berufstage einplanen konnte. Damit wir diese Erfahrungen auch schriftlich fixieren konnten, entwickelte ich für die Klasse eine Art Steckbrief zu den wichtigen Merkmalen der vorgestellten Elternberufe.

Ablauf unserer Berufsvorstellungstage

Vor dem Start habe ich den Kindern erzählt, welche Berufe sie an zwei Tagen genauer kennenlernen dürfen. Somit hatten die Kinder Zeit, sich zu den einzelnen Berufsbildern vorher Gedanken zu machen und mögliche Fragen zu überlegen. Am Tag selbst habe ich mit den Schülerinnen und Schülern den Steckbrief besprochen. Am beruflichen Beispiel unseres ersten Gastes haben die Kinder diesen als Klassengruppe gemeinsam ausgefüllt. Danach habe ich die Klasse in Gruppen aufgeteilt und die einzelnen Berufe gewissermaßen als parallel verlaufende Workshops vorstellen lassen. Der Höhepunkt des ersten Berufstages war ein gemeinsamer Ausflug in eine nahegelegene Arztpraxis. Dort durften die Kinder in zwei Gruppen Seh- und Hörtests ausprobieren, sich gegenseitig mit einem Stethoskop abhorchen oder wurden von den Arzthelferinnen verbunden. Am zweiten Berufstag war der Steckbrief schon bekannt, so dass die Kinder gleich nach Einteilung der Kleingruppen loslegen konnten. Den Eltern wies ich verschiedene Räume zu, so dass diese sich mit den mitgebrachten Materialien ausbreiten konnten. Im Rotationsprinzip wechselten die Kleingruppen nach etwa 15 Minuten die Räume. Wie von selbst besprachen sich die Kinder in ihrer Gruppe, wer was auf seinen Zettel schreiben sollte. So ergänzten sie sich gegenseitig und hatten als Gruppe eine gute Beschreibung des Berufsbildes gesammelt, das wir in den Stunden nach diesen beiden Tagen in der Klasse gemeinsam besprechen konnten.

Die Mischung macht’s

Bei der Planung der verschiedenen Berufe berücksichtigte ich zum einen die Wünsche der Kinder, zum anderen die Ressourcen der Eltern. So hatten wir eine bunte Mischung aus handwerklichen und akademischen Berufen. Die Eltern haben dies sehr abwechslungsreich vorgestellt. Es gab bunte Blumen, um Sträuße zu binden oder einen Holzhobel, mit dem die Kinder Späne hobeln durften. Ein KFZ-Mechaniker brachte ein Multimeter mit, mit dem die Kinder Glühbirnen testen konnten. Eine Altenpflegerin brachte unterschiedliche Utensilien ihrer Arbeit mit, der Polizist „verlieh“ Handschellen, Schutzweste und Polizeimütze und eine Ärztin für chinesische Medizin ließ die Kinder Akupunkturnadeln in Zitronen stechen. Ein Highlight übertraf das nächste und am Ende stellte sich heraus, dass die Berufswelt unwahrscheinlich vielseitig ist. Eltern und Kinder waren total glücklich und bedankten sich, dass der Unterricht so viel Spaß machte. Dass die Kinder dann auch im Deutschunterricht eine Geschichte zu ihrem Lieblingsberuf schreiben sollten, war gar kein Problem mehr. Ganz im Gegenteil, denn die Ergebnisse waren mehr als gut. Zwei Kinder schrieben sogar über den Lehrberuf. Ein Junge brachte mich dabei mit folgender Aussage zum Lachen: „Das Werkzeug eines Lehrers ist sein Gehirn!“. So hatte ich das noch gar nicht gesehen…
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