Überleben im Referendariat: Schritt für Schritt dazu lernen

Mein Referendariat liegt gar nicht so lange zurück. Erst seit zwei Jahren bin ich „fertige“ Lehrerin. Vor dem Referendariat machte ich mir, wie wahrscheinlich alle angehenden Lehrer, sehr viele Gedanken, die schnell zu Sorgen und Ängsten mutierten. In welche Schule werde ich kommen. Wie werden mich die Kollegen behandeln? Werden die Kinder nett sein? Wie ist es mit dem Seminar? Wie wird der Seminarleiter sein? Werde ich mich mit meinen Mitreferendaren verstehen? Und wie wird das überhaupt alles ablaufen: Die erste eigene Stunde, der Unterricht, die Hospitationsstunden, die Dokumentation, die Vorbereitung und Planung, die Organisation? Werde ich auch an alles denken, nichts vergessen? Werde ich das alles schaffen? Und vor allem: Werde ich eine gute Lehrerin werden? Zu sagen ich war voller Selbstzweifel wäre wohl stark untertrieben. Auf einmal fühlte ich mich nicht mehr wie eine Hochschulabsolventin, sondern wieder wie eine nervöse Erstklässlerin, die auf ihren ersten Schultag wartet. Aber halt. Horrorgeschichten hast du wahrscheinlich schon genug gelesen und das hier soll ein Mutmachartikel werden. Deswegen vorweg. Ich werde nichts beschönigen, sondern absolut ehrlich sein: Für mich war es eine wahnsinnig anstrengende Zeit, aber auch eine wunderschöne.

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Der Ernst des Referendariats

Vielleicht kennst du die Geschichte „Der Ernst des Lebens“ von Sabine Jörg und Ingrid Kellner. Mit diesem kleinen Büchlein wurde ich von meiner Betreuungslehrerin bei unserem ersten Treffen begrüßt. Sie hätte es nicht besser treffen können. Genau wie Annette hatte ich Angst vor dem Ernst des Lebens, besser dem Ernst des Referendariats. Dann hielt ich meine erste Stunde, plante meinen Unterricht, notierte Schülerbeobachtungen, organisierte und bereitete vor, schrieb meine Hausarbeit, bestand meine Lehrproben. Immer Schritt für Schritt lernte ich, was zum Ernst des Referendariats gehörte, ohne dass es jemals „ernst“ wurde. Ich denke genau so sollte es sein.

Das Referendariat ist eine Lehrzeit

Man kann sich viele Gedanken über das große Ganze machen, Sorgen und Ängste hegen und pflegen bis man nachts nicht mehr schlafen kann, aber das Ganze schaffen kann man nur Schritt für Schritt. Keiner erwartet am Anfang einen perfekten Referendar. Offenheit, Ehrlichkeit, Fleiß und Wille die Lehrzeit zu meistern, reichen eigentlich schon aus. Für den Rest sind ja gerade Seminar und Betreuungslehrer da. Was du wissen musst, was wie erledigt werden soll, wie man am besten Stunden plant, etc., das alles sollst du ja erst noch lernen und das wirst du auch. Du wirst Fehler machen. Du wirst auf Dinge, die die Schülerinnen und Schüler tun, falsch reagieren. Du wirst Stunden „falsch“ planen (zumindest so, dass du hinterher sagen kannst, du hättest es anders gemacht). Du wirst Formulare vergessen. Du wirst stundenlang über einer Vorbereitung grübeln. Du wirst dasitzen und nicht wissen, wie du das (zeitlich) schaffen sollst. Du wirst es dann trotzdem schaffen. Du wirst gerne in deine Klasse gehen. Du wirst es genießen, dass aus Schülern „deine“ Schüler werden. Du wirst dich mit deinen Kollegen verstehen und dort Hilfe und Rat finden. Du wirst aus deinen Fehlern lernen und an ihnen wachsen. Du wirst viele tolle Momente erleben. Am Ende des Schuljahres wirst du weinen, weil du deine Klasse hergeben musst. Am Ende des Referendariats wirst du weinen, weil aus Mitreferendaren Freunde geworden sind, die nun alle getrennte Wege gehen. Deshalb mein erster Tipp: Erwarte nicht zu viel von dir, sondern geh mit der Gewissheit, dass du immer mehr dazulernen wirst, in diese Ausbildungszeit. Von mir erprobte und für gut befundene praktische Überlebenstipps stelle ich in den nächsten Tagen in meinem nächsten Artikel vor ;-)

 

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