Mit Flüchtlingen in Regelklassen arbeiten (6): Integration durch einen interkulturellen Nachmittag

Seit Juni kannst du lesen, wie ich versuche, Integration von Flüchtlingskindern umzusetzen. Wie du im letzten Beitrag lesen konntest, hat Ayla nun auch in der Klasse Fuß gefasst. Es ist mir immer eine Freude, zu sehen, wie sie aufblüht und sich auch von sich aus in den Unterricht einbringt. Dass sie hier richtig angekommen ist, habe ich auch in den Wochen nach den Sommerferien mehr und mehr beobachten können: Auf dem Pausenhof sucht sie vermehrt Kontakt und sondert sich weniger ab. Doch das ist nicht alles! Sie wird auch etwas aufmüpfiger und rollt mal mit den Augen, wenn ihr die Hausaufgaben nicht gefallen. Ein anderes Mal spielte sie ihrem Sitznachbarn einen Streich und kam auch mit seinem „Echo“ gut zurecht. Ich persönlich werte das als gutes Zeichen! Doch wie so oft, ist auch dies nur wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Denn das Schulleben ist ja nach dem Unterricht und einer anschließenden Betreuung vorbei. Freundschaften entstehen nur sehr langsam und meistens auch nur dann, wenn jemand die Zügel in die Hand nimmt. Ayla fällt das sehr schwer. Was soll aber mit den Flüchtlingskindern geschehen, wenn sie in ihrem neuen Heimatort außerhalb des Schullebens wenige Wurzeln schlagen können?

Integration auch außerhalb des Klassenzimmers

Da ich generell ein Mensch bin, der die Vielfalt im Klassenzimmer schätzt und ohnehin großes Interesse an fremden Kulturen hat, habe ich mich dem Thema Integration etwas globaler gewidmet. Als Mutter habe ich selbst die Erfahrung gemacht, neue Freundschaften durch meine Kinder zu schließen. Durch sie knüpfte ich Kontakte zu anderen Eltern. Genau das wünsche ich mir auch für Ayla und ihre Familie. Genau das ist aus meiner Sicht so wichtig, um geflüchteten Menschen hier eine echte Chance der Integration zu bieten. Als ich Aylas Eltern in der Flüchtlingsunterkunft besuchte, waren sie sehr überrascht. So etwas hatten sie nicht erwartet. Was ich daraus gelernt habe, ist, dass der Kontakt gewünscht wird, sich aber keiner wagt, den ersten Schritt zu gehen. In die Schule kommen die Eltern meistens nur, um Termine für Elterngespräche wahrzunehmen oder um spezielle Anliegen zu klären. Das wollte ich bewusst ändern und damit auch gleich für Ayla und ihre Eltern einen wichtigen Schritt zum gemeinsamen „Ankommen“ in unserem Ort bereiten.

Ein interkultureller Nachmittag in der Klasse

Als Fachlehrerin habe ich weniger Einfluss auf das Geschehen in der Klasse, doch meine Idee für einen interkulturellen Nachmittag fiel auf fruchtbaren Boden. Nun bereiten wir diesen Nachmittag vor. Da wir viele muslimische Kinder in der Klasse haben, werden wir die übliche „Weihnachtsfeier“ in einen interkulturellen Nachmittag verwandeln. Aktuell sprechen wir mit allen Kindern über Feste und besondere Festspeisen innerhalb ihrer Kulturen. Es wird dazu verschiedene Speisen geben, die die Eltern gern beisteuern wollen. Aus zwei Familien kommen die Mütter und backen dazu in unserer Schulküche verschieden gefüllte Pitas und Pelmeni. Dadurch lernen die Kinder nicht nur den Geschmack, sondern auch die Zubereitung der Speisen. Einige Kinder wollen den Klassenraum verwandeln und dürfen in den Ecken verschiedene landestypische Dekorationen unterbringen. Wenn das alles so klappt, wie die Kinder das planen, wird vielleicht so was wie eine kleine Reise durch ferne Länder - nur im Klassenraum :-). Sogar eine Märchen-Aufführung und einen speziellen Tanz möchten die Kinder vorführen. Die Resonanz auf die etwas andere „Weihnachtsfeier“ ist großartig und lässt auf eine hohe Teilnehmerzahl hoffen. Das wäre großartig, denn wir wünschen uns natürlich alle, dass die Akzeptanz, mit der Ayla aufgenommen wurde auch im Elternkreis Wellen schlägt. Und wie kann eine Integration schöner abschließen als durch eine Integration, die auch die Eltern mit einschließt? Wir nutzen die Vielfalt als Chance - nicht nur für unsere Schülerinnen und Schüler, sondern für alle!

 

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